Ich bin sicherlich nicht dem konventionellen Bildungsweg gefolgt. Nachdem ich in Deutschland, Nordafrika und Saudi Arabien und dann in England und Schottland aufgewachsen bin, landete ich im Alter von 17 Jahren für einige Zeit in der Freiwilligenreserve der britischen Armee, bevor ich eine Ausbildung zur Köchin gemacht habe. Erst danach habe ich mein BWL-Studium absolviert. Ich war im ersten Jahrgang eines Graduiertenprogramms bei einer großen Bank. Ich hätte nie gedacht, dass ich tatsächlich einen Platz dafür bekommen würde, denn man musste einen speziellen Eignungstest absolvieren. Alle anderen waren sehr akademisch vorgebildet und sahen in ihren grauen, maßgeschneiderten Anzügen auch exakt so aus, als ob sie dort hingehörten. Ich hielt dann einen Vortrag über die Prinzipien von Tarnung und das schien sie völlig umgehauen zu haben. Oder vielleicht haben sie es einfach als etwas Erfrischendes empfunden, dass eine kleine Frau in einem etwas komischen lila Outfit darüber referiert hat, wie man am besten einen Panzer im Dschungel versteckt!
Ohne jeden Zweifel ist meine Mutter meine größte Motivatorin. Im Alter von 30 Jahren hatte sie drei kleine Kinder und eine gewisse Zeit als Sanitäterin in der Armee verbracht. Acht Jahre lang hat sie als Engländerin in Saudi Arabien gelebt, wo es ihr verboten war, Auto zu fahren oder sich frei Arbeit zu suchen, so wie wir es kennen. Aber sie hat sich von nichts aufhalten lassen – sie ist zur Universität in Riad gegangen, um Arabisch zu lernen, hat nach einer Ausbildung als Lehrerin gearbeitet, dann als Hebamme und als sie nach England zurückkehrte, als Gemeindeschwester, während sie ein Kinderbetreuungsnetzwerk in einer der ärmsten Gegenden Birminghams aufbaute. Wenn ich zurückschaue und sehe, wie viel sie zu einer Zeit erreicht hat, in der Frauen noch nicht wie heute unterstützt worden sind, dann ist das einfach unglaublich. Sie hat mir beigebracht, dass es nicht wichtig wäre, dass ich keine starke Schülerin war. Stattdessen habe ich Dinge auf meine eigene Art gemacht. Sie hat oft gesagt: „Einstein hat gesagt, Intelligenz misst man an der Fähigkeit, Dinge verändern zu können und sie ist kein Wissen, sondern Vorstellungskraft.“ In meinem Leben sind Veränderung und Vorstellungskraft grundlegende Bestandteile.
Man könnte denken, dass meine Erfahrungen in der Armee oder in der Bankenwelt die größten Ungleichbehandlungen zeigen, aber eigentlich war es meine Arbeit als Köchin, die unerträglich war. In meiner Zeit in einer professionellen Ausbildungsküche war ich als junge Frau extremer Belästigung und Frauenfeindlichkeit ausgesetzt. Wenn ich jetzt auf die Anfänge meiner beruflichen Laufbahn zurückschaue, kann ich nicht glauben, was junge Frauen damals tagtäglich ertragen mussten. Mindestens ebenso schockierend ist, dass wir das damals für normal hielten – aus Angst vor Repressalien haben wir uns noch nicht einmal beschwert. Bei Beförderungen wurden wir übersehen, wir wurden schlechter bezahlt und mies behandelt.
Als ich meine Bankkarriere Anfang der 2000er begann, gab es noch viel Diskriminierung. Ich bin von gemischter Herkunft und Hautfarbe und habe schon immer Mode, Frisuren und Make-up geliebt. Damals – und in einigen Organisationen leider auch noch heute - bedeutete diese Kombination aus einem unerklärlichen Grund, dass ich nicht für meine Fähigkeiten, Intelligenz oder Arbeitsmoral beurteilt wurde, sondern auf Basis vorgefasster Meinungen bezüglich meines Aussehens.
Bei Quintet sieht man Individualität als Vorteil und „anders“ oder „vielfältig“ oder egal wie man es nennen mag zu sein, wird als wertvoller Pluspunkt bewertet. Mein Beruf besteht im Wesentlichen darin sicherzustellen, dass unsere Kunden, die in der Regel anspruchsvolle Kosmopoliten sind, die höchste Qualität bei Service und Kundenfreundlichkeit erhalten. Und wie hilft da besser als eine Ausbildung zur Köchin? Wenn es um die Organisationkomplizierter globaler Logistik geht, was gibt es da besseres, als mit militärischer Präzision zu arbeiten? Oder wie kann andere Kulturen besser verstehen, als wenn man selbst in anderen Kulturen zu Hause war? Andere Unternehmen, in denen ich gearbeitet habe, haken Kästchen ab, wenn sie Fähigkeiten und Erfahrung bewerten, aber bei Quintet bin es ich, Tess, genau die Person, die ich bin und die der Grund dafür ist, weshalb ich tue, was ich tue und weshalb ich darin erfolgreich bin.
Manche würden sagen, dass der Internationale Frauentag „nur ein Tag von 365 anderen Tagen ist“, was er oberflächlich betrachtet auch ist. Aber er ist mehr als das: Er ist ein Tag, der uns einen guten Grund gibt, Diskussionen zu starten und über Fortschritt zu sprechen. Und es ist kein Tag über Frauen allein. Es ist ein Tag über alle, die sich unermüdlich für die Gleichberechtigung von Frauen einsetzen. Es ist ein Tag, um die großartigen Männer zu feiern, die sich gegen schlechtes Verhalten gewehrt haben. Es gab Zeiten in meinem Leben, als es andere Frauen waren, die mich an meiner Entwicklung gehindert haben und es braucht dann starke und gerechte Männer, die das Risiko eingehen, einen in diesen Situationen zu unterstützen. Verständlicherweise leben Männer heute in der Angst, eine Frau wirklich zu unterstützen, die es aufgrund ihrer Leistung verdient. Werden wir jemals eine Zeit erreichen, in der dies wirklich geschehen kann, ohne Gegenbeschuldigungen? Ich weiß es nicht, aber wenigstens bewegen wir uns bei Quintet in die richtige Richtung.
Ein erfüllteres Leben bedeutet für mich Freiheit, und zwar nicht nur um die zu sein, die man ist, ohne sich dafür zu entschuldigen, sondern um dafür gefeiert zu werden, was man an Talenten mit einbringt. Es bedeutet erfolgreich zu sein, nicht obwohl man in eine Gruppe eingeordnet wird (und ich meine eingeordnet, denn die meisten Menschen ordnen sich nicht selbst als divers ein, es wird ihnen auferlegt), sondern weil man eine andere Geschichte, andere Fähigkeiten oder ein anderes Image hat. Die amerikanische Politikerin Alexandria Ocasio-Cortez sagte vor Kurzem: „Meine Mentorinnen standen unter einem immensen Druck, ihre Weiblichkeit auf das Mindeste zu beschränken, um erfolgreich sein zu können. Das werde ich nicht tun. Das nimmt mir meine Kraft. Ich werde keine Kompromisse machen für das, was ich bin.“ Das hat mich angesprochen – denn ein erfüllteres Leben bedeutet für mich, genau die zu sein, die ich bin und genau deshalb erfolgreich zu sein.
Ich habe an einer deutschen Privatuniversität meinen Master in Finance absolviert. Als (junge) Frau war ich dort eine ziemliche Ausnahme. Genau dasselbe habe ich erlebt, als ich vor ungefähr 12 Jahren im Investmentbanking in London gearbeitet habe. Dann bin ich zu einem Start-up gewechselt, der Fidor Bank, wo es ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Teamleitern gab und wo mehr Frauen als Männer in Gebieten wie Produktentwicklung und Compliance tätig waren. Ich denke, dass Entwicklungsmöglichkeiten für Frauen jeweils von den Organisationen selbst abhängen. Ich persönlich bevorzuge ganz klar eine Unternehmenskultur, die Vielfalt fördert und ein offener Dialog herrscht.
Neugierde ist meine treibende Kraft, und das ist sie schon seit meinem ersten Praktikum bei Lehman Brothers. Ich habe immer hinterfragt, wie Dinge funktionieren und warum sie in einer bestimmten Weise vollzogen werden. Ich hatte nie ein besonderes Vorbild, aber habe immer bestimmte Eigenschaften in meinen Sponsoren respektiert. Diese Menschen besaßen ein sehr hohes Maß an Anstand, Mitgefühl und Zuverlässigkeit, was ich auch für mich selbst so leben möchte. Danach strebe ich. Wenn ich über meinen Managementstil nachdenke, dann möchte ich immer ansprechbar sein, sowohl zum Guten des Teams als auch für die Organisation insgesamt.
Merck Finck hat einen sehr guten Ruf in Deutschland, aber es hat diejenigen in meinem Netzwerk gebraucht, um mich zu ermutigen, mich auf die Stelle eines Risiko Managers zu bewerben. Als Frauen müssen wir uns trauen, hervorzustechen und beruflich aufzusteigen. Wir müssen genug Selbstbewusstsein haben, um zu sagen, ich kann das und müssen uns selbst ins Spiel bringen, ob es darum geht, ein Projekt zu managen oder eine Stelle als Abteilungsleiterin oder COO anzunehmen. Das hat viel mit Courage zu tun. Ich bin dankbar, Menschen gehabt zu haben, die mich angeschubst haben, Chancen zu ergreifen. Ich versuche in meinem Umfeld das Gleiche zu tun.
Der Internationale Frauentag ist ein Moment, um anzuerkennen, wie vergleichsweise einfach mein Weg gewesen ist. Als Frauen dürfen wir unseren Beruf selbst wählen und unser eigenes Geld verdienen, aber ich verstehe, dass nicht jede Kultur diesen Wert an Freiheit hat. Und ich schätze diese Freiheit, die ich persönlich habe, jeden Tag neu. In der Lage zu sein, einen offenen Dialog zu führen und Gedanken auszutauschen, ob im Beruf oder in der Familie, ohne die Konsequenzen fürchten zu müssen – das ist für mich ein erfüllteres Leben.
Ich habe den Großteil meines Studiums im Autopilotmodus absolviert, aber ich habe Entscheidungen immer dementsprechend getroffen, ob ich gut in etwas war oder wo ich etwas Neues lernen konnte. Meine Leidenschaften waren das Reisen und im Ausland zu arbeiten: So habe ich im Bereich Consulting angefangen, es passte perfekt zu mir und führte mich letztendlich dazu, bei einer Privatbank anzufangen.
Ich lege großen Wert darauf, selbstbestimmt zu sein. In der Anfangsphase meiner Karriere waren meine Vorbilder Frauen, die Partner mit Familien waren, etwas, was zu dieser Zeit ziemlich selten war. Ich war beeindruckt von Frauen, bei denen es den Anschein hatte, sie können alles schaffen, was sie wollen.
Ich arbeite jetzt seit 15 Jahren und die Dinge entwickeln sich langsam weiter. Es sind immer noch zu wenige Frauen an der Spitze und die Ungleichheit bei Gehältern ist immer noch ein Thema. Ich denke es ist wichtig, dass wir uns gegenseitig unterstützen und gemeinsam aufsteigen.
Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, Veränderungen zu bewirken und das gewünschte Umfeld zu schaffen. Ich bemühe mich darum, jüngere Frauen zu finden und sie als Mentor oder Coach zu fördern, sei es privat oder beruflich, um ihnen Dinge zu zeigen, wie zum Beispiel nach einer Beförderung zu fragen, Gehaltserhöhungen zu verhandeln oder wie man sich in einem Meeting Chancen verschafft. Auf diese Weise will ich einen Beitrag leisten, um Veränderungen ein wenig zu beschleunigen.
Ich habe bei Quintet ein 6-monatiges Projekt übernommen, weil mich damals meine Auftraggeberin beeindruckt hatte– liegt nun sechs Jahre zurück. Ich hatte die Möglichkeit zu wachsen, sowohl beruflich als auch persönlich und habe in verschiedenen, mich herausfordernden Bereichen gearbeitet.
Der Internationale Frauentag begann mit etwas sehr Wichtigem – auf die Straße zu gehen, um Frauen das Wahlrecht zu sichern – und natürlich sind wir sehr weit gekommen, aber es erinnert mich auch daran, wie viel es noch zu tun gibt. Ich mag die kommerziellen Aspekte nicht, wie beispielsweise Rabatte für Make-up und Unterwäsche. Ich möchte diese Dinge nicht: Ich würde gleiche Bezahlung bevorzugen.
Ein erfüllteres Leben zu haben, bedeutet für mich, wenn du jeden Tag du selbst sein kannst und dafür geschätzt wirst, wer man ist. Auf persönlicherer Ebene: Im Jahr 2019 bin ich für vier Monate mit meiner Tochter gereist und dachte: Es kann keinen erfüllteren Moment geben, als diesen.
Als ich damals als Privatbankerin anfing, habe ich schnell gemerkt, dass ich mich unwohl fühlte, sobald Kunden über Kredite sprachen. Also entschloss ich mich dazu, den Stier bei den Hörnern zu packen und begann im Kreditbereich des Vermögensmanagements zu arbeiten; jetzt zeigt mein Lebenslauf sowohl eine Investment- als auch eine Kreditseite. Ich habe dieses Störgefühl akzeptiert und in etwas Positives verwandelt.
Was mich am meisten motiviert, ist zu sehen, wenn jemand Erfolg hat. Es ermutigt mich, den nächsten Schritt zu gehen und es besser machen zu wollen. Es inspiriert mich zu sehen, wie Menschen ihre Komfortzone verlassen und über sich hinauswachsen. Jetzt, wo ich selbst eine Führungsposition inne habe, versuche ich etwas zurückzugeben und selbst ein Vorbild zu sein, sowohl für Menschen, mit denen ich zusammenarbeite als auch privat für meine Kinder.
Ich bin Mitglied von verschiedenen Frauennetzwerken, wie zum Beispiel WomenExecs on Boards und es ist toll, diese Unterstützungsstruktur zu haben. Wir müssen nur darauf achten, dass wir nicht den Eindruck erwecken, dass eine Frau nur aufgrund ihres Geschlechts berücksichtigt wird bzw. eine Aufgabe erhält. Bis jetzt ist so viel harte Arbeit von Frauen geleistet worden, um zu beweisen, dass es Gleichberechtigung gibt und eine diverse Belegschaft viele positive Aspekte beisteuert. Ich mache mir Sorgen, dass es sich negativ auswirken könnte, wenn weitere Vorschriften eingeführt werden und diese nicht richtig kommuniziert werden.
In Bezug auf ihre Chancen haben sich Frauen rasant entwickelt und jetzt sehen wir auch das richtige Publikum im Raum, wenn diese Themen diskutiert werden. Heutzutage unterstützen vermehrt männliche Kollegen Möglichkeiten für Frauen. Damit sich etwas ändern kann, muss es von der gesamten Belegschaft mitgetragen werden.
Quintet steht für etwas sehr Ehrliches. Als Bank möchten wir uns mit Kunden hinsetzen und wollen deren vertrauenswürdige Berater sein. Teil einer Organisation zu sein, in der Kunden im Mittelpunkt von allem stehen, in der es ein transparentes Management gibt und in der man die Möglichkeit hat, zu Veränderungen beizutragen, ist extrem spannend für mich. Es ist motivierend, einfach den CEO ansprechen zu können, wenn man eine Idee hat. Der Hauptgrund, bei Quintet anzufangen war, dass ich Teil einer Organisation sein wollte, welche die Wahrheit ausspricht und diese Wahrheit auch lebt.
Es gibt immer noch Möglichkeiten für Verbesserungen in der Branche, besonders wenn es um geschlechtsspezifische Vorurteile geht. Es passiert immer noch häufig, dass ein Mann und eine Frau das Gleiche sagen können, während man den Mann als durchsetzungsstark bezeichnet wird die Frau jedoch als aggressiv abgestempelt. Es geht jetzt darum, diese Vorurteile abzubauen, die jahrelang eingeimpft wurden. Für mich gibt es drei Dinge, die ein erfüllteres Leben ausmachen: Reisen, das Glück zu haben, aktiv und gesund zu sein und immer danach zu streben, weiter