Markt- und Investment-Update

13. Oktober 2025

Erneute Handelsspannungen – wir bleiben vor
Zollgesprächen diversifiziert

Global | Wie sind die neuesten Zollandrohungen zu bewerten?

US-Präsident Trump hat als Reaktion auf Chinas Handelsbeschränkungen für Seltene Erden, die für die Produktion in verschiedenen Technologiebranchen von entscheidender Bedeutung sind, mit einem 100-prozentigen Zoll auf alle chinesischen Importe ab 1. November gedroht. Chinas Schritt war wiederum eine Vergeltungsmaßnahme für frühere Beschränkungen der USA für Chips. Dies geschieht im Vorfeld eines möglichen Treffens zwischen Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping am Rande des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgipfels in Südkorea vom 30. Oktober bis 1. November, das viele Wirtschaftsführer und Investoren als wichtiges Treffen ansehen, um eine dauerhaftere Handelsvereinbarung zu finden oder zumindest die Zölle auszusetzen, um Verhandlungen zu ermöglichen.

Wie zu erwarten war, kamen die Aktienmärkte nach der Bekanntgabe dieser Zolldrohung am vergangenen Freitag deutlich unter Druck, während die Anleihe- und der Goldpreis stiegen und damit einen Teil des Rückgangs der Aktienkurse in Portfolios ausglichen. Unsere erste Einschätzung ist, dass dies wahrscheinlich eine Drohung war, um Druck in den Verhandlungen aufzubauen, und es sich damit nicht um einen realistischen Plan, vor allem nicht für einen längeren Zeitraum, handelt. Denn US-Unternehmen sind in hohem Maße von Zwischenprodukten aus China abhängig. Die Einführung pauschaler Zölle würde zu Chaos in der Lieferkette führen und die Inflation in die Höhe treiben, gerade jetzt, wo die US-Notenbank (Fed) ihre Geldpolitik lockert.

Diese vorläufige Einschätzung deutet darauf hin, dass wir zunächst eine Phase der Volatilität an den Aktienmärkten erleben könnten, insbesondere bei zyklischen Werten und Technologie-Hardware, gefolgt von einer gewissen Entspannung, wenn hinter den Kulissen Signale für eine Mäßigung oder Kompromissbereitschaft zu erkennen sind, wie Trump und Vizepräsident Vance am Wochenende angedeutet zu haben scheinen. China könnte zunächst moderate Gegenmaßnahmen ergreifen, beispielsweise durch eine Verschärfung der Exportbestimmungen für Seltene Erden oder durch gezielte Eingriffe in die US-Agrarwirtschaft. Einen umfassenden Handelskonflikt dürfte Peking vorerst meiden, bis es Trumps Entschlossenheit besser einschätzen kann.

Historische Präzedenzfälle, wenn man Trumps erste Amtszeit betrachtet, deuten auf ein Muster der Eskalation als Verhandlungstaktik hin, gefolgt von einer Deeskalation: 2018/19 eskalierte er die Zölle und deeskalierte dann vor der Wahlsaison mit ersten „Phase-1“-Abkommen. Angesichts der US-Zwischenwahlen im November 2026 und der Notwendigkeit, die Wirtschaft zu stützen, halten wir dies für einen nützlichen Vergleich und ein recht wahrscheinliches Szenario.

Zollandrohungen schaffen Verhandlungsspielraum für Neuverhandlungen. Sobald die Schlagzeilen ihren Höhepunkt erreicht haben und der Inflationsdruck wieder zunimmt, könnten die USA eine teilweise Rücknahme als „Erfolg“ verkaufen. Der Kongress und die Lobbyisten der Großunternehmen (Einzelhandel, Automobilindustrie, Technologie) werden sich wahrscheinlich gegen eine vollständige Umsetzung wehren und damit die Durchhaltefähigkeit einschränken. Daher erwarten wir zum jetzigen Zeitpunkt ein Muster aus rhetorischem Höhepunkt und anschließendem Verhandlungsrückzug, möglicherweise mit selektiven Vereinbarungen und Bestimmungen in kritischen Branchen, hinsichtlich Komponenten und Rohstoffen (Chips, KI, Batterien, Seltene Erden) anstelle von pauschalen Zöllen.

Längerfristig bleibt das Muster jedoch von geopolitischer Fragmentierung und Handelsregionalisierung geprägt, mit einer feindseligen Beziehung zwischen den USA und China. Sowohl die USA als auch China werden wahrscheinlich weiterhin die Produktion strategischer Vorleistungen (Halbleiter, saubere Technologien, Verteidigungsgüter) mit Subventionen und Regulierungsmaßnahmen fördern.


Global | Wie positionieren wir Portfolios, wenn die Marktvolatilität zunimmt? 

Unsere Strategie basiert weiterhin auf einer breiten Diversifizierung über Regionen und Anlageklassen hinweg, mit einer moderaten taktischen Präferenz für Aktien gegenüber Anleihen sowie einer Reihe von Risikominderungsmaßnahmen und aktivem Management als Schlüssel zur Bewältigung dieses Umfelds.

Die Gewinne, insbesondere im Technologiesektor, sind stark genug, um die Bewertungen zu stützen. Dennoch ist es wichtiger denn je, die Anlagen auf verschiedene Länder und Anlagestile zu verteilen. Wir behalten unsere taktische Übergewichtung gegenüber unseren langfristigen Allokationszielen in den USA, Europa, Japan und den Schwellenländern bei. Anfang dieses Jahres haben wir einen Teil unserer US-Aktien mit einem gleichgewichteten Index diversifiziert, der Sektoren, die von fiskalischen Anreizen und Deregulierung profitieren dürften, wie Industrie und Finanzen, mehr Spielraum gibt.

Wo es sinnvoll ist, haben wir eine Art „Versicherung” für das Portfolio hinzugefügt – eine Option, die steigt, wenn US-Aktien fallen (sofern das Wissen und die Erfahrung der Kunden sowie Vorschriften und Anlagerichtlinien solche Strategien zulassen). Das ist zwar keine Wunderwaffe, hilft aber Anlegern, die mit komplexeren Instrumenten vertraut sind, unerwartete Schocks teilweise abzufedern.

Bei festverzinslichen Wertpapieren bevorzugen wir europäische Anleihen gegenüber ihren US-amerikanischen Pendants, wobei wir kurzfristige Anleihen bevorzugen, um das Inflations- und Zinsrisiko zu steuern. Unsere Positionierung in Staatsanleihen ist defensiv und dürfte in Zeiten volatiler Aktienmärkte von Vorteil sein. Wir halten strategische Positionen in Rohstoffen und inflationsgebundenen Anleihen, um das Risiko einer anhaltenden Inflation zu mindern. Gold spielt ebenfalls eine Rolle als Wertspeicher in geopolitisch unsicheren Zeiten. Deshalb sind wir taktisch übergewichtet.

 

Global | Marktbewegende politische Ereignisse

Die vergangene Woche hat uns daran erinnert, dass Politik die Märkte ebenso stark beeinflussen kann wie die Wirtschaft. In den USA ist es nach dem Scheitern der Einigung im Kongress über einen Finanzierungsplan zu einer Stilllegung von staatlichen Stellen (“Government Shutdown”)  gekommen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind gering, höchstens etwa 0,1 % des Bruttoinlandsprodukts pro Woche , aber das größere Problem ist die Vertrauenswürdigkeit. Der Shutdown weckt bei Anlegern Zweifel an der Fähigkeit Washingtons, seine Finanzen zu verwalten, obwohl die Defizite bereits hoch sind. Da wichtige Datenveröffentlichungen wie die zum Arbeitsmarkt und zur Inflation ausgesetzt sind, tappt die US-Notenbank (Fed) bei Zinsentscheidungen im Dunkeln. Gold verzeichnete starke Zuflüsse als sicherer Hafen. Unsere Übergewichtung von Gold (wo zulässig) funktioniert weiterhin wie erwartet und bietet eine Absicherung gegen Unsicherheiten.

Auch Europa hatte mit eigenen Stressfaktoren zu kämpfen. Frankreich steht nach dem Rücktritt und der Wiederernennung von Premierminister Lecornu erneut im Rampenlicht. Die politische Unsicherheit verstärkt die bestehenden Sorgen hinsichtlich steigender Defizite und rückläufige Wachstumsprognosen. Die Reaktion des Marktes: Die Renditen französischer Anleihen stiegen zunächst sprunghaft an, wobei sich der Zinsunterschied zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen auf den höchsten Stand seit der Eurokrise ausweitete. Bis sich die politische Lage dauerhaft stabilisiert und mehr Klarheit in der Finanzpolitik herrscht, dürfte der Druck auf französische Anleihen hoch bleiben. Diese Entwicklungen sind einer der Gründe, warum der Euro gegenüber dem Dollar vergangene Woche schwächer wurde, bevor er nach den Zollankündigungen wieder zu steigen begann. Da die Fed ihre Leitzinsen senkt, während die Europäische Zentralbank ihre Politik unverändert beibehält, dürfte es jedoch nur eine Frage der Zeit sein, bis der US-Dollar seinen Abwärtstrend wieder aufnimmt.

Japan sorgte für eine Überraschung anderer Art. Der Sieg von Sanae Takaichi als Vorsitzende der LDP-Partei deutet auf höhere Staatsausgaben hin und verschiebt die Erwartungen für die nächste Leitzinserhöhung der Bank of Japan auf 2026. Diese Entwicklung stützt japanische Aktien, die wir taktisch übergewichten, könnte aber kurzfristig zu einer Volatilität des Yen führen und die Renditen von Staatsanleihen nach oben treiben.

 

Diese Woche | US-Zölle, Fiskalpolitik und Inflation im Fokus

Es liegt auf der Hand, dass die nächsten Wochen wahrscheinlich von Schlagzeilen darüber dominiert werden, ob die zusätzlichen US-Zölle erhoben werden oder ob Verhandlungen die Gefahr entschärfen können.

Hier zu Lande steht die ZEW-Umfrage zu den Erwartungen der Finanzexperten vom Oktober, einem wichtigen Stimmungsindikator, im Mittelpunkt (Dienstag). Das Vereinigte Königreich wird diese Woche Daten zum Arbeitsmarkt (Dienstag), zum Wirtschaftswachstum (Donnerstag) und zur Industrieproduktion (Donnerstag) veröffentlichen, die einen umfassenden Überblick über die Trends bei Beschäftigung und Produktion geben.

In den USA fokussieren sich Börsianer auf die Inflationsdaten am Mittwoch (bzw. Shutdown-bedingt später), die eine wichtige Grundlage für die bevorstehenden Leitzinsentscheidungen der Fed bilden, gefolgt von den Einzelhandelsumsätzen und Arbeitslosenanträgen (für Donnerstag geplant), zwei wichtigen Indikatoren für die Nachfrage der privaten Haushalte und die Widerstandsfähigkeit des Arbeitsmarktes. Grundsätzlich hängt die Veröffentlichung von staatlichen US-Daten diese Woche weiter am Government Shutdown, der, sofern nicht eine Reihe von Finanzgesetzen verabschiedet wird, die Veröffentlichungen verzögern oder stören könnte.

Hinweis: Jeder Hinweis auf die Portfoliopositionierung bezieht sich auf unsere Kernportfolios mit Verwaltungsvollmacht. Kunden mit maßgeschneiderten oder beratenden Portfolios sollten sich bei ihrem Kundenberater über ihre aktuelle Positionierung. informieren.  

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