Global | Nimmt die Marktvolatilität durch die Zolldrohungen wieder zu?
Am vergangenen Freitag rückten die Zölle wieder in den Vordergrund, als Trump sagte, dass Apple einen Zoll von 25 % zahlen solle, wenn ihre in den USA verkauften iPhones nicht in den USA hergestellt werden, und er "empfahl einen direkten Zoll von 50 % auf die Europäische Union" ab dem 1. Juni, bevor er nach einem Gespräch mit der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen am Sonntag die Verhandlungsfrist und damit diese Zölle rasch bis zum 9. Juli verlängerte.
Der Ausgang der Verhandlungen mit der EU und anderen Ländern bleibt ungewiss. Es ist nicht abzusehen, welches Land und welche Branche letztendlich mit welchem Zollsatz belegt wird. Auf den ersten Blick sind Zölle ein Risiko für das Wirtschaftswachstum des betroffenen Landes, aber sie sind auch eine Belastung für die US-Wirtschaft. Zölle führen zu einem Stagflationsimpuls (Wachstumsverlangsamung bei steigender Inflation), der die Fed möglicherweise dazu veranlasst, mit weiteren Leitzinssenkungen zu zögern (siehe unten). Dennoch glauben wir, dass der Druck der Märkte und der Wirtschaft Trump dazu bringen könnte, seine Haltung aufzuweichen, wie es in letzter Zeit auch der Fall war.
Angesichts der anhaltenden Ungewissheit halten wir an unserer diversifizierten Allokation über verschiedene Anlageklassen und Regionen hinweg fest, so dass eine Schwankung in einem Teil des Portfolios durch einen Anstieg in einem anderen kompensiert werden könnte. Da die USA nach wie vor das Epizentrum der politischen Unsicherheit sind, haben wir uns von US-Aktien und dem US-Dollar etwas abgewandt. So haben wir vor kurzem japanische Aktien gekauft sowie einen Teil unserer US-Aktien gegen eine Version getauscht, die Schutz vor Währungsschwankungen bietet. In unseren Kernfonds und anderen Portfolios besitzen wir nach wie vor ein Aktien-"Versicherungs"-Instrument (sofern die Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden sowie die Vorschriften und Anlagerichtlinien dies zulassen), das einen Rückgang der Aktienkurse teilweise abfedert. Wir halten auch Gold und inflationsgeschützte Anleihen als Risikominderer.
USA | Welche Signale sendet der Markt für Staatsanleihen?
Zuletzt wiesen wir darauf hin, dass sich der Marktfokus allmählich auf Trumps Fiskalpläne und das große und wachsende Haushaltsdefizit der USA (-6 % des Bruttoinlandsproduktes) richtet. Man würde erwarten, dass Steuersenkungen das Wachstum und damit auch den Aktienmarkt ankurbeln. In der vergangenen Woche fielen jedoch sowohl US-Anleihen als auch Aktien. Doch warum?
Es dürfte daran liegen, dass die Märkte erwarten, dass Donald Trumps "großes, schönes" Steuergesetz, das das US-Repräsentantenhaus letzte Woche verabschiedet hat, das Haushaltsdefizit ausweiten und zu mehr Schulden führen wird. Das unabhängige und überparteiliche Komitee für einen verantwortungsvollen Bundeshaushalt schätzt, dass Trumps Steuergesetz die Verschuldung in den nächsten zehn Jahren um mehr als 3,3 Billionen US-Dollar erhöhen wird, wodurch die Staatsverschuldung von 100 % des Bruttoinlandsprodukts auf den Rekordwert von 125 % steigen wird. Die Rating-Agentur Moody's nannte diesen erheblichen Schuldenanstieg als Grund dafür, den USA ihr AAA-Rating zu entziehen.
Dies gibt dem Rentenmarkt Anlass zur Sorge. Denn für die Rendite der 30-jährigen US-Staatsanleihen, die die 5 %-Marke überschritt, ist das ein erster Schmerzpunkt. Der nächste wäre, wenn die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen ebenfalls die 5 %-Marke überschreitet. Eine deutliche Verringerung des Haushaltsdefizits sollte die Sorgen der Anleger besänftigen. Dafür gibt es jedoch derzeit keine Anzeichen, da der Senat den Gesetzentwurf voraussichtlich ebenfalls verabschieden wird, was der letzte Schritt vor der Unterzeichnung durch den Präsidenten ist. Wir teilen die Besorgnis des Marktes und halten daher im Verhältnis zu unserer langfristigen Allokation weniger US-Staatsanleihen, sondern bevorzugen europäische Staatspapiere, insbesondere solche mit kurzer Laufzeit, um die Auswirkungen der Zins- und Inflationsvolatilität abzumildern.
Europa | Was sagen uns die jüngsten Wirtschaftsdaten?
Vergangene Woche fiel das Wachstum in Deutschland im ersten Quartal stärker aus als ursprünglich erwartet (+ 0,4 % gegenüber ursprünglich geschätzten -0,2 %). Damit war es das beste Quartal für Deutschland seit dem dritten Quartal 2022, was zum Teil eine indirekte Auswirkung der US-Handelspolitik ist. Denn der steile Anstieg der US-Zölle veranlasste deutsche Firmen, ihre Produktion hochzufahren, so dass die Exporte im März sprunghaft anstiegen. Aufgrund dieses “Frontloading” könnte diese unerwartet gute Entwicklung aber eine Ausnahme sein. Die Einkaufsmanagerindizes fielen im Mai knapp unter 50, also unter die Schwelle zwischen Expansion und Kontraktion, was in erster Linie auf die Marktunsicherheit im Dienstleistungssektor zurückzuführen ist. Das verarbeitende Gewerbe erholte sich jedoch – wie auch das Ifo-Geschäftsklima – weiter, was ein ermutigendes Signal ist. Darüber hinaus verfügt die neue deutsche Regierung über einen beträchtlichen fiskalischen Spielraum für Verteidigungs- und Infrastrukturinvestitionen, was das künftige Wachstum – vor allem ab nächstem Jahr – unterstützen dürfte. Unsere übergewichtete Position bei europäischen Aktien dürfte mittelfristig von den zusätzlichen Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben in Deutschland und auf dem gesamten Kontinent profitieren, auch wenn dies kurzfristig mit Volatilitätsschüben einhergehen wird.
Diese Woche | Inflation in der Eurozone, US-Wachstum und chinesische Wirtschaft im Fokus
Diese Woche startet die Veröffentlichung nationaler Inflationszahlen des Euroraums für Mai. Den Anfang macht Frankreich (Dienstag), gefolgt von Deutschland (Freitag) und die Gesamtinflation der Eurozone wird nächste Woche (Montag, 2. Juni) erwartet. Da die Inflation in der Nähe des 2 %-Ziels der EZB liegt, könnte die Notenbank unserer Meinung nach am 5. Juni erneut ihre Leitzinsen senken. Auf der anderen Seite des Atlantiks wird die Veröffentlichung des Protokolls der Mai-Sitzung der US-Notenbank (Mittwoch) wahrscheinlich bestätigen, dass die Fed ihre Leitzinssätze beibehalten wird, bis sich die politische Unsicherheit legt.
Am Donnerstag werden sich die Anleger auf die zweite Schätzung der US-Wirtschaftsleistung im ersten Quartal konzentrieren, nachdem bei der ersten Schätzung ein unerwarteter Rückgang ermittelt worden war (der auf einen Anstieg der Importe zurückzuführen ist, um drohenden Zöllen zuvorzukommen; höhere Importe verringern das Bruttoinlandsprodukt, was auf einen vorübergehenden Effekt hindeuten könnte), sowie auf die Kerninflation für April am Freitag. Die japanischen Daten zur Industrieproduktion, zu den Einzelhandelsumsätzen und zum Arbeitsmarkt im April stehen ebenfalls an: Dabei werden solide Zahlen erwartet – wir haben vor kurzem eine taktische Übergewichtung in japanischen Aktien eröffnet, einem attraktiv bewerteten Markt mit solidem Gewinnwachstum und guten Diversifizierungseigenschaften. Am Samstag schließlich werden die offiziellen chinesischen Einkaufsmanagerindizes für Mai zeigen, inwieweit die jüngsten Zollturbulenzen die Aktivität dort beeinflusst haben.
Hinweis: Jeder Hinweis auf die Portfoliopositionierung bezieht sich auf unsere Kernportfolios mit Verwaltungsvollmacht. Kunden mit maßgeschneiderten oder beratenden Portfolios sollten sich bei ihrem Kundenberater über ihre aktuelle Positionierung. informieren.
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