Am 15. April veranstalteten wir einen 30-minütigen Webcast zu den Auswirkungen der US-Zölle auf die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte mit unserem europaweiten Investmentchef Daniele Antonucci und Bruno Rovelli, Vorsitzender des EMEA Allocation Council Investment Solutions bei BlackRock. Während dieses Webinars haben wir zahlreiche Fragen erhalten. Nachfolgend unsere Antworten auf Fragen, auf die wir nochmal eingehen möchten:
Frage 1: Global | Wie gehen Sie mit Volatilität und Unsicherheit um?
Angesichts der Stagflationsrisiken und der erhöhten Unsicherheit hilft es, die langfristigen Rendite- und Risikoziele im Auge zu behalten, um in einem volatilen Umfeld zurechtzukommen. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es angesichts der hohen Unsicherheit sinnvoller ist, über verschiedene Regionen und Anlageklassen hinweg diversifiziert zu bleiben, so dass Schwankungen in einem Teil des Portfolios (z.B. bei Aktien) durch Gewinne in anderen Bereichen (z.B. bei Staatsanleihen) teils ausgeglichen werden können. Wir halten auch an unseren bestehenden Qualitätsinvestments bei Staatsanleihen, Investmentgrade-Unternehmensanleihen und inflationsgeschützten Anleihen fest, zusätzlich zu Gold und Rohstoffen.
Frage 2: USA | Wie beurteilen Sie die Handelspolitik der USA, und gibt es einen Weg zur Lösung der anhaltenden Handelsspannungen, der die Märkte beruhigen könnte?
Hier gibt es vielfältige Aspekte zu berücksichtigen: Erstens hat die Geschwindigkeit und Intensität der protektionistischen handelspolitischen Agenda der USA unter der neuen Trump-Regierung die Märkte aufgeschreckt. US-Aktien, amerikanische Staatsanleihen und der US-Dollar sind allesamt gefallen. Die Ungewissheit ist groß und könnte kurz- bis mittelfristig anhalten. Das liegt daran, dass die vom Weißen Haus auferlegten Regeln manchmal rasch geändert werden und mit vielen Ausnahmen verbunden sind, was ihre Wirksamkeit verringert. Aus diesem Grund ist die Volatilität seit dem "Amerikanischen Befreiungtag" (2. April) erhöht. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es innerhalb eines Tages zu großen Marktschwankungen kommt, da die Märkte auf die neuen Schlagzeilen reagieren – und zwar positiv auf Deeskalation und negativ auf Eskalation.
Zweitens hat sich in letzter Zeit jedoch etwas geändert. Der Druck der Wirtschaft und der Finanzmärkte hat die US-Regierung ganz klar dazu gebracht, etwas auf die Bremse zu treten und die Tür für Verhandlungen zu öffnen. Mit anderen Worten: Deeskalation könnte gegenüber Eskalation auf der Risikoskala in den Vordergrund rücken. Dies könnte an den Märkten zu weiterer Entspannung führen. Allerdings werden die Verhandlungen Zeit brauchen, insbesondere mit China, wie die US-Regierung letzte Woche andeutete. Und da die US-Importzölle im Durchschnitt bei rund 30 % liegen werden, wenn sie in vollem Umfang in Kraft treten, während sie Ende 2024 noch bei 2,5 % waren, ist der Stagflationsimpuls in den USA (geringeres Wachstum und höhere Inflation) noch nicht verschwunden. Selbst wenn Präsident Trump den Zollsatz, den die USA gegenüber China erheben, von derzeit 145 % auf 50-65 % senken würde, wäre er immer noch viel höher als die 20 % seit Mitte 2019. Die Börsen sollten diese wirtschaftlichen Folgen unseres Erachtens nicht völlig außer Acht lassen, während sie sich derzeit hauptsächlich auf die Schlagzeilen konzentrieren.
Frage 3: Europa | Wie groß sind die geschätzten Auswirkungen der europäischen Ausgabenpläne auf die Wirtschaft und wie investieren Sie?
Die Auswirkungen der europäischen Ausgabenpläne werden sich über etwa ein Jahrzehnt erstrecken. Deutschland hat einen Infrastruktur- und Wirtschaftsreformfonds in Höhe von 500 Mrd. Euro sowie eine deutliche Aufstockung der Verteidigungsausgaben auf den Weg gebracht. Allerdings dürften die kurzfristigen Auswirkungen begrenzt sein, da es schon aufgrund der Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern wird, bis größere Investitionen ins Laufen kommen und sich auf die Wirtschaft auswirken. Wir gehen davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im Jahr 2025 erneut stagnieren wird, bevor sie in den kommenden beiden Jahren um 1-1,5 % wachsen dürfte.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Pläne anderer EU-Mitglieder, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Diese Militärausgaben werden durch den EU-Plan "ReArm Europe" unterstützt, der darauf abzielt, bis zu 650 Mrd. Euro zu mobilisieren und damit die Verteidigungsausgaben der Mitgliedstaaten auf mindestens 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts hochzuschrauben. Diese Investitionen sollten weitreichende Effekte auf andere Branchen haben, von Industrie- und Finanzwerten bis hin zu Gesundheit und Energie. Dies ist einer der Hauptgründe, warum wir in unseren Portfolios europäische Aktien übergewichten und unser Anlageuniversum um Unternehmen und Fonds aus dem Verteidigungsbereich erweitert haben, und warum Verteidigung ein eigenes Thema in unserem thematischen Portfolio ist
Neue Anlageentscheidung | Umschichtung von Liquidität in höher rentierliche Festverzinsliche
Als wir vor zwei Wochen unsere Portfolios neu gewichtet haben, sind wir nicht bis zu unserer früheren Aktienübergewichtung gegangen. Wir blieben bei "etwa neutral" (bei niedrigeren Risikoprofilen, während wir bei risikoaffineren Profilen etwas mehr Aktien hielten). Außerdem haben wir unsere US-Absicherungsposition beibehalten, ein "Versicherungs"-Instrument, das an Wert gewinnt, wenn US-Aktien fallen (sofern die Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden sowie die Richtlinien und Vorschriften der Anleger dies zulassen), und einen Teil der Liquidität erst einmal behalten. Wir sind der Ansicht, dass die Cash-Renditen angesichts der zu erwartenden weiteren Leitzinssenkungen künftig geringer ausfallen werden, so dass wir Liquidität umschichten wollten, wenn sich eine Gelegenheit ergibt. Dieser Zeitpunkt ist mittlerweile gekommen. Unser Engagement in Hochzinsanleihen war lange Zeit reduziert, weil die Bewertungen nicht überzeugend waren. Der Renditeunterschied zwischen Hochzinsanleihen und sicheren Staatsanleihen (der so genannte "Spread") war zu gering, um das zusätzliche Risiko zu rechtfertigen. Doch jetzt haben sich die Spreads auf ein Niveau ausgeweitet, das unserer Meinung nach einen angemessenen Ausgleich für die Risiken bietet. Daher erhöhen wir das Engagement bei hochverzinslichen Anleihen auf eine neutralere Position, die durch Liquidität finanziert wird.
Diese Woche | US-Arbeitsmarktbericht im Fokus, zudem Wachstums- und Inflationsdaten
In den vergangenen beiden Wochen konzentrierten sich die Finanzmärkte auf Nachrichten aus dem Weißen Haus sowie auf die laufende Gewinnsaison. Wir gehen davon aus, dass dies erst einmal so bleiben wird. Diese Woche birgt einen prallvollen Wirtschaftsdatenkalender. Am Mittwoch werden die Wachstumsschätzungen (Bruttoinlandsprodukt) für das erste Quartal sowohl für Deutschland, die Eurozone als auch für die USA veröffentlicht, die allesamt eine Abkühlung zeigen dürften. In den USA könnte das Wachstum aufgrund des starken Importwachstums sogar negativ ausfallen, da die Importe bei der Berechnung der Wachstumsrate abgezogen werden.
Bei den Frühindikatoren erwarten wir in den USA - ähnlich wie bei den jüngsten europäischen Daten - ein schwächeres Verbrauchervertrauen im April (Dienstag). Zu den weiteren US-Datenhighlights gehören ein wahrscheinlich schwächerer “ISM”-Einkaufsmanagerbericht für das verarbeitende Gewerbe (Donnerstag) sowie der Arbeitsmarktbericht für April (Freitag), der für die Einschätzung der US-Notenbank, ob sie ihre Leitzinsen im Laufe des Jahres weiter senken wird (was wir für wahrscheinlich halten), sehr wichtig ist, da der Markt einen langsameren Stellenaufbau erwartet. Darüber hinaus dürften die Inflationszahlen am Mittwoch hier zu Lande sowie am Freitag für die Eurozone schon aufgrund der niedrigeren Ölpreise nah am 2 %-Ziel sein, was den Weg für die nächste Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank im Juni ebnen sollte (nachdem sie die Leitzinsen im April erneut gesenkt hat). In Asien schließlich dürften die Einkaufsmanagerindizes in China (Mittwoch) angesichts der US-Zölle sinken, während die Bank of Japan (Donnerstag) auf ihrer Sitzung wahrscheinlich zögern wird, in dieser unsicheren Phase eine weitere Leitzinserhöhung vorzunehmen – nicht zuletzt angesichts der jüngsten Aufwertung des japanischen Yen, die die importierte Inflation gedämpft hat.
Hinweis: Jeder Hinweis auf die Portfoliopositionierung bezieht sich auf unsere Kernportfolios mit Verwaltungsvollmacht. Kunden mit maßgeschneiderten oder beratenden Portfolios sollten sich bei ihrem Kundenberater über ihre aktuelle Positionierung. informieren.
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