Blick über die Märkte vom 30. Mai 2022

Blick über die Märkte vom 30. Mai 2022

Trotz aller politischen Unsicherheiten von Russland bis China und den damit verbundenen Fragen hinsichtlich Rohstoffpreisen und Lieferketten haben sich die Aktienmärkte etwas erholt.

Trotz aller politischen Unsicherheiten von Russland bis China und den damit verbundenen Fragen hinsichtlich Rohstoffpreisen und Lieferketten haben sich die Aktienmärkte etwas erholt. Es scheint fast so, als würde sich der Markt zunehmend an die schwierige Gemengelage  und offene Fragen gewöhnen, so etwa, ob nun in Kürze ein russisches Öl-Embargo der EU kommt oder ob die sich andeutende Entspannung an Chinas Corona-Front von Dauer sein wird. US-Außenminister Blinken warnte indes davor, dass China künftig die Industrien der Zukunft dominieren wolle - zugleich planen die USA zusammen mit dem von China beanspruchten Taiwan eine Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen. Immer klarer wird dabei der sich eigentlich abzeichnende Konflikt der Zukunft: China (evtl. mit Russland) vs. dem Westen, also Europa und die USA. Aktuell bewegt die Märkte allerdings mehr, was die Notenbanken machen. Und da hat nun nach der Fed auch die EZB in Person ihrer bisher sehr zögerlichen Präsidentin Christine Lagarde Pflöcke eingeschlagen: Lagarde deutete nach einigen anderen ihrer Ratsmitglieder nun ebenfalls einen zumindest neutralen EZB-Leitzins bis Ende September an, sprich ein Ende der Nettoanleihekäufe Ende Juni als Voraussetzung für wohl dann zwei Leitzinsanhebungen im Juli und im September. Wir halten dies für realistisch aus heutiger Sicht. Dies würde bis September ein Ende der Negativzinspolitik in Sachen EZB-Einlagensatz bedeuten. Im weiteren Verlauf des Jahres und in Richtung 2023 rechnen wir analog zur USA auch im Euroraum auf Basis dann wohl sinkender Inflations- und Wachstumstrends nicht mit so vielen Zinsanhebungen, wie sie die Märkte heute preisen. Die Zinsen dürften dann auch an den Bondmärkten beidseits des Atlantiks weniger flott steigen als dies heute viele Marktteilnehmer noch erwarten.
Damit zu den Konjunkturdaten: Nachdem die deutsche Wirtschaft nun auch final im Startquartal 2022 um 4% gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum gewachsen ist, deuten Daten wie im Mai etwas moderatere Einkaufsmanagerindizes auf der Dienstleistungsseite sowie das anhaltend pessimistische GfK-Konsumklima eine Verlangsamung des Wachstumstrends an. Im Euroraum hat sich die Stimmung in der Industrie im Mai den dritten Monat in Folge eingetrübt. Gleichzeitig stabilisierte sich jedoch das Dienstleistungs- und Verbrauchervertrauen ein wenig. Besonders stark sank diesen Monat die Einkaufsmanagerstimmung in Großbritanniens Dienstleistungssektor. Und auch in den USA gab dieser wichtige Frühindikator allerdings auf weiterhin überzeugenderem Niveau als in Europa nach. Obwohl es sowohl in Japan als auch einigen Regionen Kontinentaleuropas stabilere Trends in Sachen Einkaufsmanagerfeedback gab, scheint damit die konjunkturelle Verlangsamung der Weltwirtschaft, zumindest vorübergehend beschleunigt durch die Covid-bedingten Einschränkungen in China und ihre Folgen in Sachen Lieferketten für den Westen, auf dem Weg zu sein. Immerhin steuerte China mit einer Reihe kleinerer Stimulusmaßnahmen der Verlangsamung entgegen. All dies dürfte seine volle Wirkung aber erst dann entfalten, wenn das Reich der Mitte entweder mit seiner "Null-Toleranz"-Politik erfolgreich war oder das Groß der Chinesen wirklich wirkungsvollen Impfschutz erhalten hat.
Diese Woche steht neben einer Reihe elementarer US-Konjunkturdaten vor allem die Inflation im Euroraum im Fokus. Die Preise sind im Mai gerade im Lebensmittelbereich stark gestiegen. Daher dürfte die Inflation auch für die Eurozone nicht nachgelassen haben. Wir sehen neben den Energiepreisen, die aufgrund von Basiseffekten den Inflationsdruck in der zweiten Jahreshälfte eher reduzieren sollten, vor allem die Preise für Lebensmittel als ein Risiko für unser Basisszenario, das nach dem Sommer tendenziell sinkende Inflationsraten erwartet. Sollten sich die Inflationsraten im Herbst nicht abschwächen, würde das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale steigen, weil dann in Richtung Winter höhere Lohnabschlüsse wahrscheinlicher werden, und dies nicht nur in Branchen wie der deutschen chemischen Industrie, die ihre Verhandlungen aufgrund der aktuellen Unsicherheit bis dahin ausgesetzt hat. Die Inflationsdaten für den Mai stehen morgen auch für die Eurozone an. Hier zu Lande werden morgen zudem Arbeitsmarktzahlen für den Mai und am Mittwoch und Freitag wie auch für andere Regionen die finalen Einkaufsmanagerindizes für Mai publiziert. In der Eurozone kommen am Mittwoch Arbeitsmarktdaten (für April) sowie am Donnerstag Produzentenpreise (April) und am Freitag Einzelhandelsumsätze ebenfalls für den vergangenen Monat. Jenseits des Atlantiks rollt eine mindestens ebenso große Makrodatenwelle auf die Märkte zu: angefangen vom Verbrauchervertrauen für Mai heute Nachmittag sowie diversen Zahlen zum Immobilienmarkt in der ersten Wochenhälfte über die „ISM“-Einkaufsmanagerberichte für die US-Industrie (Mittwoch) und den Dienstleistungssektor (Freitag) bis hin zu den Auftragseingängen im April (Donnerstag) und dem amerikanischen Arbeitsmarktbericht für Mai am Freitagnachmittag. Und in China richten sich alle Blicke auf mögliche erste Erholungsanzeichen bei den Einkaufsmanagerindizes für Mai morgen und am Mittwoch.

RELATIVE TAKTISVCHE ASSET-ALLOKATION
Unsere Anlagestrategie bleibt weiterhin auf Diversifikation ausgerichtet. Dabei bleiben wir bei unserer übergewichteten Aktienposition mit einer anhaltenden Präferenz für die USA gegenüber Europa und Japan. Zudem übergewichten wir auch Aktien der aus unserer Sicht insgesamt attraktiv bewerteten Schwellenländer, in denen mit Blick nach vorne teilweise auch wieder mehr geldpolitische Lockerungsmaßnahmen wahrscheinlich sind. Unsere strukturellen Branchenfavoriten lauten nach wie vor Technologie und Gesundheit.
Auf der Rentenseite favorisieren wir weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen in Hartwährung sowie asiatische Hochzinsanleihen gegenüber niedrig verzinslichen Anleihen. Da die US-Märkte inzwischen eine klare Fed-Straffung einpreisen, haben wir kürzlich die Untergewichtung von US-Investmentgrade-Bonds reduziert, während wir die Untergewichtung von Euro-Staatsanleihen erhöht haben. Gold bleibt Portfolio-Kernbestandteil.

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