FEIERN ANLEIHEN IM JAHR 2023 IHR GROSSES COMEBACK?

FEIERN ANLEIHEN IM JAHR 2023 IHR GROSSES COMEBACK?

Nach dem katastrophalen Jahr 2022 sieht die Ausgangslage für die Anleihemärkte in diesem Jahr überaus konstruktiv aus. Das ist zumindest die Erwartung vieler Marktbeobachter. Und tatsächlich ist eine relativ breite Erholung zu erwarten, nachdem im vergangenen Jahr fast durchweg zweistellige Verluste zu Buche standen.
Blitzlicht vom 26. Januar 2023

Nach dem katastrophalen Jahr 2022 sieht die Ausgangslage für die Anleihemärkte in diesem Jahr überaus konstruktiv aus. Das ist zumindest die Erwartung vieler Marktbeobachter. Und tatsächlich ist eine relativ breite Erholung zu erwarten, nachdem im vergangenen Jahr fast durchweg zweistellige Verluste zu Buche standen. Aber: Neben viel Licht wird es auch viel Schatten geben. Anleger sollten vorsichtig bleiben und ihre Anleiheinvestments weiterhin selektiv vornehmen.

Die wirtschaftlichen und geldpolitischen Rahmenbedingungen scheinen zunächst eine eindeutige Sprache zu sprechen: Historisch hohe Inflationsraten und Leitzinsanhebungen im Rekordtempo führten zum stärksten Zinsanstieg, den die Kapitalmärkte in den vergangenen 20 Jahren erlebt haben. Die Folge: sinkende Anleihekurse, höhere nominale Renditen. Doch in den USA zeigte sich im 4. Quartal aufgrund der beginnenden Abschwächung der Inflation eine erste Erholung der Anleihekurse. Die Entwicklung in Europa dürfte, wenn auch verzögert, in die gleiche Richtung laufen.

Vor allem durch eine Entspannung bei den Energiepreisen schwächten sich die Konjunktursorgen allerdings über den Jahreswechsel weiter ab, wodurch an den Märkten die Hoffnung auf eine weniger restriktive Geldpolitik in den nächsten Monaten zunahm. Die Anleihemärkte starteten entsprechend mit einem deutlichen Renditerückgang von circa 0,5 % für langlaufende Staatsanleihen alleine in der ersten Januarhälfte sehr freundlich ins neue Jahr.

Auch mit Blick auf die nächsten Monaten halten wir grundsätzlich hochwertige Anleihen für lukrativ, da sie mit Kursgewinnen reagieren dürften, wenn die Zinsen ihren Höhepunkt hinter sich lassen, das Wachstum sich verlangsamt und die Inflation nachlässt. Demgegenüber könnten Anleihen von geringer Qualität unter Druck geraten, insbesondere solche, bei denen die Risikoaufschläge historisch zu niedrig erscheinen. Dies dürfte im Übrigen auch viele Investoren von Hochzinsanleihen treffen, die sich noch in den Zeiten niedriger Zinsen auf der Suche nach Rendite den riskanteren Papieren zugewandt hatten.

Wir gehen mit einem differenzierten Blick auf die Anleihemärkte ins Jahr 2023 und stellen unsere Portfolios entsprechend auf. Im Einzelnen heißt das: 

  1. Wir bauen Positionen in Euro-Staatsanleihen auf, die bislang stark untergewichtet waren. Der Rückgang des Wachstums dürfte die Inflation sowie den Zinsanstieg bremsen und zugleich Euro-Staatsanleihen als sichere Häfen gefragter erscheinen lassen. Das schafft Potenzial für Kursgewinne. 
  2. Wir stocken auch US-Staatsanleihen auf, weil die US-Inflation ihren Höhepunkt überschritten haben sollte und wir nun mit einem zeitnahen Ende der Zinsanhebungen rechnen. 
  3. Wir halten an unserem erhöhten Engagement in Schwellenländer-Hartwährungsanleihen fest, da die Risikoaufschläge attraktiv sind. Außerdem wirkt sich für viele Schwellenländer die schrittweise Wiederöffnung der chinesischen Wirtschaft positiv aus.
  4. Wir erhöhen unser Engagement in europäischen Investmentgrade-Anleihen, da die Bewertungen vernünftig erscheinen und sich auch hier die Überschreitung des Gipfels bei Inflation und Zinsen positiv auswirken sollte. 
  5. Wir bauen unsere Positionen in allen konjunktursensitiveren Bereichen ab, in denen die Renditen das Ausfallrisiko nicht angemessen kompensieren. Dazu zählen nach unserer Auffassung insbesondere US-Unternehmensanleihen, sowohl im Investmentgrade-Bereich als auch im Hochzinsbereich. 

Neben einer differenzierten Betrachtung der einzelnen Sektoren raten wir Investoren zudem, sich über ihre Schwankungstoleranz im Klaren zu sein. Denn solange die Notenbanken ihren Zinserhöhungszyklus noch nicht erkennbar beendet haben und die Inflationsraten nicht deutlich näher an die Zielmarken der Notenbanken heranrücken, sollten Anleger nicht von einer weiterhin hohen Volatilität an den Rentenmärkten überrascht sein.


Robin Beugels

Leiter Investment Management, 

Merck Finck – a Quintet Private Bank

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