Market Flash

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Nach der auf 25 Basispunkte reduzierten Fed-Leitzinserhöhung vom Mittwoch hoben gestern sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die Bank of England (BoE) ihre Leitzinsen um 50 Basispunkte an. Damit liegen die Leitzinsen nun bei 3 % (EZB) bzw. 4 % (BoE).
03. Februar 2023
EZB und Bank of England | Größere Schritte als die Fed

Nach der auf 25 Basispunkte reduzierten Fed-Leitzinserhöhung vom Mittwoch hoben gestern sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die Bank of England (BoE) ihre Leitzinsen um 50 Basispunkte an. Damit liegen die Leitzinsen nun bei 3 % (EZB) bzw. 4 % (BoE). Der avisierte weitere Kurs der beiden europäischen Top-Notenbanken ist aber unterschiedlich. Während die EZB ihre Pläne für eine weitere Anhebung um 50 Basispunkte im März bekräftigte, könnte diese zehnte Anhebung in Folge durch die BoE bereits den Höhepunkt des aktuellen britischen Zinszyklus markieren. Die Hinweise auf sich nähernde Leitzinsgipfel führten zu einem Anstieg der Aktienkurse. Während der DAX gestern um 2,2 % zulegte, stiegen sowohl der britische FTSE-100 als auch der amerikanische S&P 500 im gestrigen Handel um 1,5 %. Die europäischen Anleiherenditen gingen deutlich zurück, der Euro stieg gegenüber dem US-Dollar kurzzeitig auf 1,10, bevor er auf 1,09 zurückfiel, und das britische Pfund schwächte sich auf 1,22 ab. Im Moment scheint die EZB die einzige verbliebene „Falke“ unter den drei großen Zentralbanken der westlichen Welt zu sein. Wenn man diese Entscheidungen als Ganzes betrachtet, sieht es so aus, als würden die Notenbanken ihren Leitzinserhöhungszyklus in diesem Frühjahr beenden, was unseren Erwartungen entspricht.

EZB | Weiter auf der 50er-Spur 

Wie weithin erwartet, hob die EZB ihre Leitzinssätze um weitere 50 Basispunkte an. Damit stieg der Hauptrefinan-zierungssatz auf 3,0 %. Die EZB betonte, dass sie die Zinssätze weiterhin „deutlich und stetig" anheben wird, um eine rechtzeitige Rückkehr der Inflation im Euroraum in Richtung 2 % zu gewährleisten. Sie fügte hinzu, dass sie – wie von uns erwartet – beabsichtigt, bei ihrer nächsten Sitzung am 16. März erneut eine Anhebung um 50 Basispunkte vorzunehmen. Die weitere Geldpolitik bleibe datenabhängig. Die EZB wird außerdem von März bis Juni mit der Reduzierung ihrer Bilanzsumme um 15 Mrd. Euro pro Monat beginnen, wobei das weitere Tempo ab Juli später fixiert werden soll. EZB-Präsidentin Christine Lagarde wies auf den anhaltenden Inflationsdruck hin, auch wenn die Inflationsrisiken (wie die konjunkturellen Risiken) aufgrund der niedrigeren Energiepreise nun ausbalancierter als bisher sind. Die entschlossene Botschaft der EZB stützt unsere Leitzinsprognose von 3,75 % für das Jahresende 2023. Sie bedeutet eine weitere Anhebung um 50 Basispunkte im März und einen finalen Zinsschritt um 25 Basispunkte nach oben im Mai. 

Bank of England | Eine „taubenhafte“ Erhöhung um 50 Basispunkte 

Mit 7:2 Stimmen hob die BoE ihren Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 4,0 % an – die beiden Abweichler stimmten für keine Änderung. Dies ist die zehnte britische Leitzinserhöhung in Folge, womit der Zins den höchsten Stand seit fast 15 Jahren erreicht. Obwohl die BoE ein Ende der bisher als gesetzt geltenden Zinserhöhungen signalisierte, behielt sich der Ausschuss vor, auch in Zukunft „energisch" zu handeln, wenn es weitere Anzeichen für einen anhaltend sehr hohen Inflationsdruck geben sollte. Schließlich sieht der Ausschuss die Risiken für die Inflationsaussichten nach wie vor etwas nach oben gerichtet. Allerdings senkte die BoE ihre Prognose für das britische Wirtschaftswachstum in den nächsten drei Jahren auf 0,7 %. Angesichts der schwächeren Konjunktur-aussichten lässt die heutige Entscheidung den Schluss zu, dass der Leitzins seinen Höchststand bereits erreicht hat bzw. kurz davor steht. Insgesamt interpretierte der Markt die Entscheidung der BoE als „taubenhaft“, da sie die Wahrscheinlichkeit weiterer (größerer) Leitzinserhöhungen senkte. 

Heute tagen die EZB und die Bank of England 

Im weiteren Verlauf des Tages werden die Märkte zwei weitere Entscheidungen von Zentralbanken zu verdauen haben. Wie in den USA scheint die Gesamtinflation im Euroraum ihren Höhepunkt erreicht zu haben, wobei der Rückgang der Energiepreise die treibende Kraft ist. Anders als auf der anderen Seite des Atlantiks bleibt der zugrunde liegende Preisdruck allerdings hartnäckiger und wird voraussichtlich erst ab dem zweiten Quartal deutlicher zurückgehen. Folglich hat die EZB den Erwartungen einer raschen Verlangsamung der Zinserhöhungen auf 25 Basispunkte widersprochen. Wir bleiben bei unserer Einschätzung einer Anhebung um 50 Basispunkte im Laufe des heutigen Tages und auch auf der nächsten Sitzung Mitte März. Das gespaltene Abstimmungsverhalten des geldpolitischen Ausschusses könnte darauf hindeuten, wie nahe die Bank of England angesichts der Anzeichen einer nachlassenden Konjunkturdynamik an einem expansiveren Kurs ist. Auch die zunehmenden britischen Rezessionsrisiken dürften die Bank of England in den kommenden Monaten zu einer Zinspause bewegen. Wir – genauso wie der Markt – gehen heute von einer Leitzinserhöhung um 50 Basispunkte aus, wobei der weitere Weg weniger klar und für die Wirtschaft und die Märkte von größerer Bedeutung ist. 

Geldpolitischer Ausblick | Weniger „Falken“ 

Während sowohl die Fed als auch die BoE dem Höchststand ihrer Leitzinsen näher zu kommen scheinen, könnte die EZB ihren Zinserhöhungspfad bis ins zweite Quartal hinein verlängern. Anders als die Fed und die BoE bleibt die EZB in ihrem Tonfall zurückhaltend, da sie nach wie vor befürchtet, dass die zugrunde liegende Inflation trotz des jüngsten Rückgangs der Energiepreise ziemlich hoch bleiben könnte. Die US-Notenbank, hat ihre Zinserhöhung auf das übliche Tempo von einem Viertelpunkt verlangsamt, weil es Anzeichen dafür gibt, dass der Inflationsdruck in den USA nachlässt. Im Gegensatz dazu hat die EZB angedeutet, dass sie entschlossen ist, ihre Leitzinsen weiterhin in dem derzeit höheren Tempo von 50 Basispunkten anzuheben. Während die Aktienmärkte positiv auf die gestrige Nachricht reagierten, stiegen auch die Kurse an den Rentenmärkten, wobei die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen deutlich auf 2,08 % sank. Wie von uns erwartet, ist der Anleihebereich damit attraktiver geworden. 

Robert Greil, CFA

Chefstratege, 

Merck Finck – a Quintet Private Bank

*Die dem vorliegenden „Blick über die Märkte“ zugrundeliegenden Informationen stammen aus Medienberichten, öffentlich zugänglichen Unternehmensberichten und den gesondert angegebenen Quellen. Die Quellen wurden von Merck Finck auf der Basis ihrer professionellen Einschätzung als verlässlich gewertet. Merck Finck kann jedoch keine Haftung für die Korrektheit und Vollständigkeit der Informationen übernehmen. Die dargestellten  Annahmen, möglichen Entwicklungen und Meinungen stellen Merck Fincks professionelles Urteilzum Zeitpunktder Veröffentlichung des „Blicks über die Märkte“dar und unterliegen der Möglichkeit der jederzeitigen Änderung, ohne dass dies zu einer entsprechenden Veröffentlichung führen muss Der „Blick über die Märkte“ stellt in keinster Weise ein Angebot, eine Aufforderung oder  eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf eines Finanzinstrumentes oder der Beauftragung einer Finanzdienstleistung dar.  Merck Finck weist daraufhin, dass Finanzanlagen das Risiko des vollständigen Kapitalverlustes innewohnen kann. Der Anleger sollte ausschließlich in Finanzanlagen investieren, deren Risiken er auf Basis seiner Erfahrungen und Kenntnisse verstehen kann und diese zu tragenerfinanziell bereit und in der Lage ist. Vor einer Investition in einzelne Finanzinstrumente bzw. der Beauftragung von Finanzdienstleistungen sollte unbedingt professioneller Rat eingeholt werden. Copyright © 2020: MERCK FINCK A QUINTET PRIVATE BANK (EUROPE) S.A. branch