Niedrigere Zinsen in Europa bedeuten Rückenwind für unsere Anleihepositionen
Vergangene Woche senkte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinssätze um einen Viertelprozentpunkt, nachdem die Inflationsrate im September unter die Zielmarke von 2 % sank und das Wachstum im Euroraum weiterhin schwächelt. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat sich zwar nicht auf weitere Zinssenkungen festgelegt, aber angedeutet, dass angesichts der Wachstumssorgen weitere Schritte bevorstehen könnten. Wir gehen davon aus, dass die EZB ihre Leitzinssätze im Dezember erneut senken und den Einlagensatz bis Ende 2025 auf 2 % herunterschleusen wird. Daher halten wir an unserem erhöhten Engagement an kurzlaufenden Euro-Staatsanleihen fest, da deren Kurse von sinkenden Leitzinsen profitieren. In der vergangenen Woche sanken die Anleiherenditen in der gesamten Eurozone, wobei die Renditen von Anleihen mit kurzer Laufzeit stärker fielen als jener mit langer Laufzeit.
Auf der anderen Seite des Ärmelkanals sank die Inflation im Vereinigten Königreich ebenfalls unter das 2 %-Ziel der Bank of England (BoE). Infolgedessen sanken die Renditen britischer Staatsanleihen, da der Markt nun verstärkt mit weiteren Leitzinssenkungen in diesem Jahr rechnet. Die Märkte gehen nun von zwei aufeinanderfolgenden Zinssenkungen der BoE im November und Dezember aus. Auch wir halten weitere Zinssenkungen für wahrscheinlich.
Volatilität am US-Rentenmarkt
In unseren Kernportfolios haben wir US-Staatsanleihen reduziert, da wir davon ausgehen, dass die Volatilität auf dem US-Rentenmarkt vorübergehend zunehmen wird. Während die US-Notenbank (Fed) ihre Leitzinssätze dieses und nächstes Jahr weiter senken dürfte, da sich die Inflation ihrem Ziel nähert, hielten wir die Zinssenkungserwartungen der Märkte im September für zu extrem. Da wir im Vergleich zu unserer langfristigen Allokation ein geringeres Engagement besitzen, hat sich dies als Rückenwind für unsere Performance erwiesen, da die Renditen von US-Schatzpapieren um rund 50 Basispunkte gestiegen sind und die Märkte ihre Erwartungen in Bezug auf Zinssenkungen nun um einen Prozentpunkt reduziert haben. Die Markterwartungen entsprechen nun mehr jener der Fed und somit auch unserer.
Könnte sich dieser Trend fortsetzen, wenn die Fed die Leitzinsen senkt? Die Inflation liegt in der Nähe des 2 %-Ziels und das Wachstum ist recht stabil, was bedeutet, dass die Fed ihre Leitzinsen wohl lediglich auf ein neutraleres Niveau bringen wird (von derzeit restriktiv). Daher rechnen wir mittelfristig weiterhin mit niedrigeren, wenn auch moderaten Renditen für US-Anleihen. Sollten die US-Konjunkturdaten jedoch weiterhin besser ausfallen als erwartet, wie dies in der vergangenen Woche z.B. bei den Einzelhandelsumsätzen der Fall war, könnte die Zinsvolatilität anhalten.
US-Wahlen im Fokus: Trends in den Swing States
Mit den bevorstehenden US-Wahlen ist hier eine weitere Marktdynamik im Spiel. Während Kamala Harris in den nationalen Umfragen immer noch einen winzigen Vorsprung vor Donald Trump hat, liegt dieser jetzt in den entscheidenden Swing States (Nevada, Arizona, Georgia, Pennsylvania, Michigan und Wisconsin) in Führung. Zu diesem Zeitpunkt ist es immer noch unmöglich, vorherzusagen, wer gewinnen wird. Die Wett- und Finanzmärkte zeigen jedoch, dass Trumps Chancen auf einen Wahlsieg gestiegen sind. Wir sind zwar vorsichtig, daraus zu viel abzuleiten und unsere Anlagestrategie darauf basierend anzupassen. Jedoch deuten die jüngsten Entwicklungen auch auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit hin, dass die Republikaner neben dem Weißen Haus mit Trump auch beide Kammern des Kongresses gewinnen könnten, dass es also auf einen sogenannten "Red Sweep" hinauslaufen könnte.
Die jüngsten Marktbewegungen ähneln den Reaktionen auf Trumps Wahlsieg im Jahr 2016, die manchmal als "Trump-Trade" bezeichnet werden. Neben dem Anstieg der Anleiherenditen aufgrund der Befürchtung, dass die US-Staatsverschuldung schneller steigen könnte, legte auch die Wall Street sowie der US-Dollar zu, was die Erwartung eines stärkeren Wirtschaftswachstums angesichts eines potenziell umfangreichen Konjunkturprogramms widerspiegelt. Dies könnte allerdings auch auf bessere amerikanische Wirtschaftsdaten und die Aussicht auf weitere Zinssenkungen zurückzuführen sein. Die jüngste Erholung bei US-Small Caps - der sehr breite Russell 2000 Index ist im Oktober um 2 % gestiegen, während der S&P 500 um 1,5 % zugelegt hat - sowie bei Industrie- und regionalen Bankaktien in Verbindung mit dem Rückgang des mexikanischen Aktienmarktes deutet jedoch auch darauf hin, dass die Märkte Trump als den zunehmend wahrscheinlicheren Sieger ansehen. Natürlich kann sich das noch ändern und es kann auch anders ausgehen.
Dennoch bleibt die Unsicherheit hoch. Gold, dessen Preis in der Regel steigt, wenn die Unsicherheit zunimmt, befindet sich weiterhin im Aufwärtstrend (+2,2 % im Oktober). Aus diesem Grund halten wir das Edelmetall weiterhin in unseren Portfolios als langfristiges Diversifikationsinstrument. Gold und andere Rohstoffe, die wir halten, profitieren auch von den geopolitischen Spannungen, die weiterhin die Schlagzeilen beherrschen. Darüber hinaus haben wir vor kurzem unsere Aktien-Absicherungsinstrumente angepasst, die darauf abzielen, die Auswirkungen hypothetischer Aktienverluste bei einem weiteren Anstieg der Volatilität abzufedern, sofern die Kenntnisse und Erfahrungen unserer Kunden und die Vorschriften dies zulassen.
Was wir diese Woche beobachten:
In Sachen wichtiger Konjunkturdaten ist die Agenda diese Woche relativ ruhig. In Europa, inklusive Deutschland, wo am Freitag vor allem das Ifo-Geschäftsklima auf der Agenda steht, könnten sich die Einkaufsmanagerindizes für Oktober (am Donnerstag) möglicherweise leicht aufhellen. Der Gesamtindikator (der sowohl das verarbeitende Gewerbe als auch den Dienstleistungssektor umfasst) dürfte allerdings im Schrumpfungsbereich bleiben.
Im September kündigten die chinesischen Behörden mehrere politische Maßnahmen zur Wiederbelebung des Wachstums an, zu der sich heute auch die Senkung zweier Leitzinssätze gesellt. Allerdings warten Anleger immer noch auf die Einzelheiten des Steuerpakets aus Peking. Bislang hat sich China fast nur auf geldpolitische Anreize verlassen. Diese werden jedoch kaum ausreichen, um das Wachstum nachhaltig anzukurbeln. Im dritten Quartal wuchs die chinesische Wirtschaft so langsam wie seit Anfang 2023 nicht mehr, und die Anleger sind nun vorsichtig, was den Umfang und die Umsetzung der von Peking versprochenen fiskalischen Anreize angeht. Diese Vorsicht hat dazu geführt, dass die jüngste Aktienrallye in China rasch zum Stillstand gekommen ist.
Hinweis: Jeder Hinweis auf die Portfoliopositionierung bezieht sich auf unsere Kernportfolios mit Verwaltungsvollmacht. Kunden mit maßgeschneiderten oder beratenden Portfolios sollten sich bei ihrem Kundenberater über ihre aktuelle Positionierung informieren.
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