Die US-Großbanken haben einen eindrucksvollen Lauf. Wieder einmal glänzen sie in der aktuellen Berichtssaison mit starken Ergebnissen. Derweil kamen regionale Institute im Vorfeld der Berichtssaison aufgrund von Kreditverlusten und auch Betrugsfällen unter Druck. Zwar sollten wir nicht davon ausgehen, massenweise Betrugsfälle bei vielen kleineren Instituten zu sehen. Doch die jüngsten Entwicklungen stehen sinnbildlich für die strukturellen Unterschiede im Bankensektor. Größe ist und bleibt Trumpf – vor allem für globale Investoren.

Die vielleicht wichtigsten Stärken der Platzhirsche sind die starken Marktpositionen sowie die meist breit abgestützten Geschäftsmodelle. Die führenden US-Institute haben die Erwartungen deutlich übertroffen. Investmentbanking, Asset Management und robuste Handelsaktivitäten sorgten für zweistellige Gewinnzuwächse. So meldete beispielsweise Goldman Sachs Wachstum des Gewinns pro Aktie von 48%, JPMorgan erzielte 8,9Mrd. US-Dollar Quartalsgewinn allein im Trading-Bereich. Von solchen Zahlen können viele europäische Institute nur träumen – auch die, die im nationalen Vergleich groß wirken.

Dennoch gilt auch innerhalb Europas: Vor allem die Großbanken profitierten von der Stabilisierung der Kapitalmärkte und von einer strukturellen Unterbewertung. Die Kombination aus globaler Präsenz, diversifizierten Geschäftsmodellen und professionellem Risikomanagement macht diese Institute widerstandsfähiger gegenüber konjunkturellen Schwankungen. Ob sich das auch in den Berichtszahlen niederschlägt werden wir in den kommenden Tagen erfahren.

Für Besorgnis bei einigen Investoren sorgten die Turbulenzen bei zwei US-Regionalbanken, die sich mit Abschreibungsbedarf, manipulierten Sicherheiten und verschwundenen Vermögenswerten konfrontiert sahen. Diese Ereignisse lösten einen massiven Kursrutsch aus: Die Aktien dieser Institute verloren über 10%, der S&P Regional Banks Index fiel um 6,3% – der stärkste Tagesverlust seit April. Daraufhin mussten auch Kreditinstitute diesseits des Atlantiks teils heftige Kursverluste einstecken. Unserer Ansicht nach zeigen diese Entwicklungen, warum es besonders in unsicheren Zeiten sinnvoll ist, auf große Kreditinstitute mit soliden Bilanzen zu setzen.

Durch Risikostreuung sind Großbanken weniger abhängig von einzelnen Kreditnehmern oder Sektoren. Sie verfügen in der Regel über höhere Eigenkapitalquoten und bessere Liquiditätsreserven und damit über eine bessere Kapitalstärke. Des Weiteren bieten sie aus Sicht von Investoren den Vorteil, dass ihre Prozesse strenger überwacht werden und sie stärker im Fokus der Öffentlichkeit stehen, was die Transparenz verbessert. Nicht zuletzt profitieren sie von globalen Kapitalströmen und können Zinsschwankungen besser ausgleichen sowie mit einem besseren Kapitalmarktzugang punkten.

Demgegenüber sind regionale und auch kleinere international agierende Häuser oft in Nischenmärkten aktiv oder zumindest stärker von regionalen und nationalen Konjunkturen abhängig. Zweifelsohne ist Größe aus Investorensicht nicht nur von Vorteil. Bürokratie und organisationale Trägheit sind bei großen Häusern tendenziell eine Gefahr. Auch die Strenge der Regulierung ist nicht nur hilfreich, sondern bringt auch Kosten mit sich. Unter dem Strich glauben wir aber vor allem im Bankwesen an die Bedeutung von Diversifikation und Skalenvorteilen. Unsere Investments in dem Sektor folgen daher dem Motto: “big is beautiful”.

 

Marc Decker
Co-Leiter Aktien I A Quintet Private Bank

 

 

 

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