An den Märkten kehren langsam erste Anzeichen von Zuversicht zurück. Vier Wochen nach Trumps „Befreiungstag“ mit der berühmten Zolltafel scheinen die heftigen negativen Marktreaktionen den US-Präsidenten zu einer etwas gemäßigteren Linie genötigt zu haben. Die Folge sind Kurserholungen bei Aktien und anderen „risikobehafteten“ Vermögenswerten. Viele Anleger stellen sich nun die Frage, ob die Zeit reif ist, wieder etwas mehr Risiko zu wagen. Wir sind in unserer Vermögensverwaltung einen ersten Schritt in diese Richtung gegangen.
Bereits vor zwei Wochen haben wir unsere Portfolios kalibriert und unsere Aktienengagements wieder leicht aufgestockt, allerdings noch ohne dadurch Aktien überzugewichten oder gar euphorisch zu werden – dafür ist die Lage noch viel zu fragil. Daher haben wir auch unser Absicherungsinstrument für Kursrisiken in den USA behalten. Vor allem aber haben wir einen Teil der Liquidität noch zurückgehalten, um auf einen günstigen Einstiegszeitpunkt in einer attraktiv bewerteten Anlageklasse zu warten.
Entscheidend aus Anlegersicht ist bei einer solchen Entscheidung stets nicht nur das erwartete Risiko per se, sondern vor allem die Frage, ob und in welchen Marktbereichen sie für eingegangene Risiken angemessen durch entsprechend attraktive Renditechancen kompensiert werden.
Dabei sehen wir aktuell insbesondere den Bereich Hochzinsanleihen („High Yield“) nach Längerem als attraktiver an. Unser Engagement in diesem Bereich war lange Zeit reduziert, weil die Bewertungen auf Basis der geringen Risikoaufschläge in dieser Assetklasse nicht gerade überzeugend waren. Der Renditeunterschied zwischen Hochzinsanleihen und sicheren Staatsanleihen (der so genannte "Spread") war zu gering, um das erhebliche zusätzliche Risiko zu rechtfertigen – vor allem, wenn die Konjunktur einen eher kräftigeren Dämpfer als zunächst erwartet bekommt.
Doch mit der in den vergangenen Wochen gestiegenen Unsicherheit haben sich die Spreads auf ein Niveau ausgeweitet, das unserer Meinung nach einen zumindest wieder angemessenen Ausgleich für die Risiken bietet. Daher erhöhen wir das Engagement bei hochverzinslichen Anleihen nun. Auch dabei gehen wir aber nur bis auf eine neutrale Positionierung, nicht etwa auf eine Übergewichtung.
Die Turbulenzen an den Märkten haben für neue interessante Kaufgelegenheiten gesorgt. Dazu zählen High Yield-Anleihen. Zugleich bleiben die politischen Unsicherheiten groß und bei neuen Schocks würde die zarte Pflanze der Zuversicht an den Märkten schnell wieder eingehen. Deswegen ist jetzt noch nicht die Zeit, das Portfolio wieder offensiv aufzustellen. Sehr wohl ist es aber angezeigt, die sich bietenden Gelegenheiten konsequent zu nutzen und dafür auch wieder leicht höhere Risiken einzugehen. Vorausschauende Anleger warten weitere günstige Gelegenheiten ab und halten einen Teil ihres Pulvers trocken. Denn es kann jederzeit zu neuen Turbulenzen und Chancen kommen.
Robert Greil
Chefstratege
Merck Finck I A Quintet Private Bank