BLITZLICHT

EZB-Sitzung: Spannend wird es erst im Juli

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute erwartungsgemäß ihren Leitzins gesenkt und damit auf die rückläufige Inflation, das nur moderate Wachstum im Euroraum und die geopolitischen Unsicherheiten reagiert. Der Einlagensatz liegt nun bei 2,00 Prozent – ein Schritt, der angesichts der jüngsten Inflationsrate von nur noch 1,9 Prozent kaum überrascht. Die heutige Entscheidung war ohnehin weitgehend eingepreist. Spannend wird es erst auf der nächsten EZB-Sitzung am 24. Juli.

Bei der kommenden Sitzung ist ein weiterer Zinsschritt nach unten eine realistische Option – vor allem, falls sich die Lage in den globalen Handelskonflikten nicht entspannt. Mit entscheidend ist, was bis zum Ende des von US-Präsident Trump gesetzten Ultimatums geschieht. Er hat angedrohte 50-Prozent-Zölle auf EU-Importe vorerst bis zum 9. Juli, an dem auch die 90-tägige Frist für Verhandlungen über reziproke Zölle ausläuft, ausgesetzt. Sollte es bis dahin keine umfassende Einigung mit der EU geben – was sehr fraglich erscheint – dürfte die Unsicherheit nochmals zunehmen.

Gleichzeitig rechnen wir erst einmal mit weiter nur moderatem Preisdruck bei verhaltenem Wachstum – ein Umfeld, das für einen weiteren EZB-Zinsschritt im Juli unten spricht. In diesem Fall könnte der Einlagensatz auf 1,75 Prozent fallen – das untere Ende der von der EZB als neutral eingestuften Spanne zwischen 1,75 und 2,25 Prozent. Ein weiterer Schritt nach der Sommerpause wäre dann bereits als expansiver geldpolitischer Kurs zu werten.

In unserem Basisszenario bleibt es jedoch bei nur noch einer weiteren Leitzinssenkung im Laufe des Jahres – wohl eher im Juli, ansonsten wahrscheinlich im September. Denn trotz aller Risiken zeichnet sich aus unserer Sicht ein schrittweise positiverer Wachstumstrend in der Eurozone ab, der sich sukzessive auch in den monatlichen Konjunkturdaten widerspiegeln sollte, worauf die EZB angesichts ihres wiederholten Hinweises auf die Datenabhängigkeit fokussiert ist. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass eine weitreichende Eskalation des Handelskonflikts mit den USA ausbleibt.

Robert Greil
Chefstratege
Merck Finck I A Quintet Private Bank

Kontakt