Während der US-Dollar 2025 seine schwächste Halbjahresperformance seit Jahrzehnten verzeichnete – ein Rückgang von über zehn Prozent gegenüber einem Währungskorb – fragen sich viele Anleger: Lohnt sich ein Investment in US-Aktien überhaupt noch? Die Antwort könnte überraschen – vor allem mit Blick auf den Bankensektor. Denn gerade US-Banken zeigen operative Stärke, auch wenn die Börse das bislang kaum honoriert.
Eigentlich haben europäische Banken in diesem Jahr klar die Nase vorn – der STOXX Europe 600 Banks Index legte seit Jahresbeginn um über 52 % (in EUR) zu, während der S&P 500 Banks Index in den USA lediglich rund 22 % (in USD) gewann. Das Bild wirkt also eindeutig. Doch wer nur auf die Kurse schaut, übersieht das operative Fundament: Die zehn größten US-Banken steigerten ihre Nettogewinne 2024 um stolze 24 % auf rund 180 Milliarden Euro – mehr als doppelt so viel wie ihre europäischen Pendants. Dass die Aktien trotzdem hinterherhinken, liegt weniger an der Geschäftsentwicklung als an äußeren Faktoren: Bewertungsunterschiede, politische Unsicherheiten und die jüngste Dollarschwäche haben die relative Performance verzerrt.
Warum US-Banken interessant bleiben
Operativ spricht vieles für eine Fortsetzung der Ertragsstärke. Die US-Notenbank hält an ihrem „Higher-for-Longer“-Zinsszenario fest, was den Zinsmargen – dem Herzstück der Bankgewinne – zugutekommt. Auch die US-Regierung unter Donald Trump könnte Rückenwind liefern: Geplante Senkungen der Körperschaftssteuer und Lockerungen bei Kapitalanforderungen würden die Profitabilität weiter stärken. Hinzu kommt ein wiederbelebter Kapitalmarkt: Mehr IPOs, M&A-Aktivität und eine volle Investmentbanking-Pipeline sorgen für zusätzliche Ertragsquellen.
Ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor sind die steigenden Ausfallraten im Konsumentenkreditgeschäft. Nach dem Ende der pandemiebedingten Stundungen geraten Millionen Amerikaner durch die wiederaufgenommene Rückzahlung ihrer Studentenkredite unter Druck, während Kreditkartenschulden neue Rekordstände erreichen. Immobilienkredite zeigen sich bislang zwar vergleichsweise stabil, doch insbesondere der Markt für Gewerbeimmobilien mit hohen Leerstandsquoten wirft Fragen auf. Ratingagenturen erkennen zwar erste Anzeichen einer Stabilisierung, warnen jedoch vor anhaltend hohen Kreditrisiken – vor allem bei kleineren Instituten mit starkem Konsumentenschwerpunkt. Vor diesem Hintergrund bevorzugen wir die großen, breit aufgestellten Banken.
Auch drückt der schwache Dollar die in Euro umgerechnete Rendite, doch dieser Effekt ist temporär – sofern sich der Wechselkurs stabilisiert. Viele US-Banken erwirtschaften zudem erhebliche Auslandsgewinne, was den Währungseffekt abfedert. Langfristig orientierte Anleger können sich mit Währungsabsicherungen oder fondsseitigen Absicherungsstrategien schützen.
Unser Fazit:
Die schwächere Kursentwicklung der US-Banken ist weniger ein Zeichen von Schwäche als ein mögliches Einstiegssignal. Mit soliden Bilanzen, politischen Impulsen und attraktiven Bewertungen – aber auch der Notwendigkeit, Kreditrisiken differenziert zu bewerten – könnten US-Banken in den kommenden Quartalen positiv überraschen. Wer jetzt selektiv vorgeht, könnte von einer Wiederentdeckung des US-Bankensektors profitieren – selbst in Zeiten eines schwachen Dollars.
Marc Decker
Co-Leiter Aktien I A Quintet Private Bank