Global | Beeinflußt das US-Gerichtsurteil zu den Zöllen unseren US-Ausblick?
In der vergangenen Woche wurden die Finanzmärkte weiterhin von zollbezogenen Entwicklungen beherrscht. Nach der Erleichterung der Märkte als Reaktion auf Präsident Trumps Aufschub der EU-Zölle wurden die Anleger am Mittwoch von einer Entscheidung des US-Gerichtshofs für internationalen Handel (USCIT) überrascht. Der USCIT stellte fest, dass Präsident Trump seine Befugnisse überschritten hat, indem er wirtschaftliche Notstandsbefugnisse zur Erhöhung von Zöllen nutzte. Das Urteil blockiert die reziproken und die "Fentanyl"-Zölle, nicht aber die auf Branchen bezogenen Zölle, und ist ein Rückschlag für die Trump-Administration, die gegen die Entscheidung Berufung einlegt. Während das Berufungsverfahren läuft, bleiben die Zölle in Kraft.
Hinsichtlich der Auswirkungen dieses Urteils sind die Handelspartner der USA nun eher geneigt, die rechtliche Klarheit über die Zölle abzuwarten, bevor sie Handelsgespräche abschließen. Dies verringert die Chancen auf kurzfristige Handelsabkommen und könnte zu einer längeren Phase der Unsicherheit führen. Dies könnte sich auch auf das Steuerpaket, das noch vom US-Kongress verabschiedet werden muss, auswirken. Die Einnahmen aus den Zöllen sind zwar nicht Teil des Pakets, werden aber als wichtiger Ausgleich für die vorgeschlagenen Steuersenkungen angesehen. Sollten die Zolleinnahmen viel niedriger ausfallen als erwartet, könnten die Kongressmitglieder weniger Steuersenkungen oder höhere Ausgabenkürzungen fordern. Angesichts des Aufwärtsdrucks, den die Zölle auf die Inflation in den USA ausüben, könnte sich jede wesentliche Änderung der Zollpolitik auch auf die amerikanische Geldpolitik auswirken.
Das Gerichtsurteil eröffnet zwar die Möglichkeit eines deutlich niedrigeren effektiven Zollsatzes in den USA im Vergleich zu früheren Erwartungen, doch ist es unwahrscheinlich, dass sich das Ergebnis für die meisten wichtigen Handelspartner der USA ändert. Zölle sind eine zentrale Säule der Wirtschaftsagenda der US-Regierung. Selbst wenn der Oberste Gerichtshof die USCIT-Entscheidung bestätigen sollte, würde die Regierung wahrscheinlich andere Wege beschreiten, um Zölle zu erheben. Daher sind wir der Ansicht, dass unser Basisszenario eines langsameren (aber positiven) US-Wachstums und einer über dem 2%-Zielwert der Fed liegenden Inflation gültig bleibt.
Märkte | Wie wirken sich die Zollentwicklungen und Wirtschaftsdaten auf die wichtigsten Anlageklassen aus?
Die US-Aktienmärkte verzeichneten vergangene Woche einen soliden Zuwachs, der auf nachlassende Zollsorgen, Nvidia Quartalszahlen mit höher als erwartetem Gewinn und Umsatz, sowie auf gute US-Wirtschaftsdaten zurückzuführen war. Von den letzteren war der Anstieg des Verbrauchervertrauens nach einem fünfmonatigen Rückgang am bemerkenswertesten. Im Mai verzeichneten US-Aktien ihre beste monatliche Rendite seit Ende 2023 und liegen nun seit Jahresbeginn gerechnet wieder im Plus. Trotz der Erholung von den Tiefstständen im April, die in erster Linie auf die nachlassenden Handelsspannungen zurückzuführen ist, liegt die Wall Street weiterhin hinter anderen wichtigen Regionen, insbesondere Europa und Asien, zurück. Wir sehen für die nicht-amerikanischen Aktienmärkte mehr Spielraum für eine gute Performance, weshalb wir eine taktische Präferenz für europäische und japanische Aktien haben. Abgesehen von den im Vergleich zu den USA attraktiveren Bewertungen haben diese Märkte spezifischen strukturellen Rückenwind, wie z.B. höhere Fiskalausgaben in der Eurozone und eine bessere Unternehmensführung in Japan.
An den Märkten für festverzinsliche Wertpapiere sanken die Anleiherenditen im Laufe der Woche, was zum Teil darauf zurückzuführen war, dass die US-Inflation niedriger als erwartet ausfiel. Das von der US-Notenbank bevorzugte, konsumbasierte Kerninflationsmaß fiel im April auf 2,1 %. Trotz der günstigen Inflationsdaten gehen wir davon aus, dass die Fed ihre Leitzinsen vorerst beibehalten wird, da sie weitere Daten abwartet, um die Auswirkungen der Zölle auf die Inflation zu bewerten. Amerikas Unternehmen werden die höheren Importkosten wahrscheinlich zumindest teilweise an die Verbraucher weitergeben. Der größte Teil dieser Auswirkungen dürfte jedoch ein einmaliger Preisanstieg sein, so dass die Fed ihren Zinssenkungszyklus später in diesem Jahr fortsetzen kann. Die Terminmärkte rechnen noch mit etwa zwei Leitzinssenkungen der Fed im Jahr 2025, was mit unseren Erwartungen übereinstimmt. Da die Europäische Zentralbank (EZB) besser in der Lage ist, ihre Leitzinsen zu senken, bevorzugen wir die europäischen Anleihemärkte gegenüber den US-Märkten, zumal die US-Defizite nach wie vor Sorgen bereiten. Daher halten wir in unseren Portfolios weniger US-Staatsanleihen als üblich zugunsten von europäischen Anleihen mit kurzer Laufzeit.
Was den US-Dollar anbelangt, der sich in dieser Woche kaum bewegt hat, erwarten wir, dass er sich im Laufe der Zeit gegenüber den wichtigsten Währungen abschwächen wird. Seine hohe Bewertung, ein geringeres US-Wachstum, Zinsunterschiede im Vergleich zum Rest der Welt und ein nachlassender Appetit ausländischer Anleger auf US-Anlagen dürften den Dollar weiter unter Druck setzen.
Diese Woche | Inflation im Euroraum, EZB-Sitzung und US-Arbeitsmarkt im Fokus
Am Dienstag werden die vorläufigen Mai-Inflationsdaten für die Eurozone publiziert. Es wird erwartet, dass die Inflation weiter zurückgeht, ebenso wie die Arbeitslosenquote. Die Aufmerksamkeit wird sich dann auf die EZB-Sitzung am Donnerstag richten, für die die Märkte eine weitere Leitzinssenkung einpreisen. Wir halten eine Zinssenkung für wahrscheinlich, da sich die Inflation dem Ziel der EZB annähert, das Wachstum im Euroraum moderat ist und die Zollunsicherheit anhält. Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone für April werden am Freitag veröffentlicht, wobei der Konsens mit einem Rückgang gegenüber dem Vormonat rechnet. In Deutschland dürften am Donnerstag die Auftragseingänge der Industrie im April sowie am Freitag Produktionszahlen sowie die Handelsbilanz für diesen Monat ins Rampenlicht rücken.
In den USA stehen die Auftragseingänge am Dienstag an. Sie sollten Aufschluss über die Auswirkungen der Zölle geben - ebenso wie die US-Handelsbilanz am Donnerstag. Es wird die erste solche Veröffentlichung seit dem "Befreiungstag" am 2. April sein. Bei den eher zukunftsorientierten Indikatoren werden die Anleger auf die Einkaufsmanagerberichte des ISM (Institute for Supply Management) schauen. Am Freitag folgt dann noch der US-Arbeitsmarktbericht für Mai. Diese Daten sind von entscheidender Bedeutung für die Fed-Sitzung am 18. Juni, bei der wir erwarten, dass der Leitzins unverändert bleiben wird. In China schließlich werden am Dienstag und Donnerstag noch Einkaufsmanagerindizes für den Mai veröffentlicht, die möglicherweise auf eine weitere Stabilisierung des Wirtschaftswachstums hinweisen.
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