Der eben veröffentlichte, erneute sprunghafte Anstieg der US-Inflation auf 5,0 Prozent im Mai ist kein Grund zur Panik. Dass im Vergleich zur quasi stillgelegten Wirtschaft im Vorjahr die Preise mit dem Abklingen der Covid-Krise stärker steigen würden, war klar. Schließlich stecken hinter der jüngsten Entwicklung primär Basiseffekte und temporäre Entwicklungen. Auf Monatsbasis ist der Inflationsanstieg im Mai zum April (+0,6 Prozent) gegenüber dem Vormonat (+0,8 Prozent im April gegenüber März) aber bereits rückläufig. Wir gehen davon aus, dass die US-Inflation bereits in diesem Quartal ihren Höhepunkt erreicht. In Richtung Sommer dürfte dann bereits die Normalisierung einsetzen – zumindest in den USA. Für Europa erwarten wir einen ähnlichen Verlauf auf voraussichtlich etwas niedrigerer Basis, nur um rund ein Quartal verzögert.
Es gibt fünf gute Gründe dafür, dass sich die Inflation wieder normalisieren wird:
Unter dem Strich heißt das: Kurzzeitig kann die Inflation einen weiteren Sprung nach oben machen. Anschließend sollte sie sich nach und nach auf einem etwas höheren Niveau als vor der Pandemie weitgehend normalisieren. Auf lange Sicht spricht jedoch vieles eher wieder für moderate Inflationsraten und weiterhin niedrige Zinsen. Die Zentralbanken werden sich also kaum von ihrer lockeren Geldpolitik abwenden, aber die Märkte werden deren Langmut austesten. Insofern ist mit Volatilität zu rechnen – insbesondere an den Rentenmärkten.
Für Anleger heißt das: Die Inflation dürfte längerfristig weiterhin primär bei den Vermögenspreisen stattfinden, während das Gros der Inflation der Konsumentenpreise sich als vorübergehend erweisen sollte. An Aktien und anderen Realwerten führt daher weiterhin kein Weg vorbei. Einerseits können sie als Inflationsschutz wirken, andererseits bleiben sie ein Ausweg aus der Niedrigzinsfalle.
Robert Greil, Chefstratege bei Merck Finck a Quintet Private Bank