Dollar am Wendepunkt

Dollar am Wendepunkt

In den USA haben sich die Perspektiven für einen spürbaren Konjunkturaufschwung klar verfestigt. Damit haben die Anleiherenditen in den USA angezogen, was den US-Dollar attraktiver gemacht und damit seine Position gegenüber Niedrigzinswährungen wie dem Euro gestärkt hat.

Im Jahr 2020 stand der Dollar bei Ausbruch der Pandemie zunächst mit seiner globalen Bedeutung als wichtigste Reservewährung und Zufluchtsort für sicherheitsorientierte Anleger im Fokus. Die Folge war ein zwischenzeitlicher Kursanstieg, unter anderem gegenüber dem Euro. Später rückte dann wieder die fundamentale Entwicklung der US-Wirtschaft in den Blick. Sie wurde zwischenzeitlich hart von der Pandemie getroffen und die US-Notenbank begann im Kampf gegen die Rezession, besonders aggressiv Anleihen zu kaufen, was die Renditen nach unten trieb. In der Folge verlor der Dollar bis Anfang 2021 an Wert.

Wir glauben, dass der Dollar nun wieder am Wendepunkt steht. Wir gehen von einer allmählichen Dollarstärke aus, die bis zum Jahresende zu einem Wechselkurs von 1,17 US-Dollar je Euro und bis Ende 2022 von 1,15 US-Dollar je Euro führen dürfte. Das sind zwar keine großen Sprünge, jedoch wird die Entwicklung von nachhaltigen fundamentalen Daten getragen. So erwarten wir, dass wir in den USA nun ein spürbar stärkeres Wachstum und eine höhere Inflation im Vergleich zum Euroraum sehen werden. Damit gibt es mehr Spielraum für etwas steigende Renditen von US-Staatspapieren gegenüber Bundesanleihen. Diese Zinsdifferenz sollte nicht nur spekulative Gelder in den Dollar lenken. Solange die Wiedereröffnung der Euro-Wirtschaft der in den USA hinterherhinkt und die wirtschaftliche Erholung schwächer ausfallen dürfte, sollte der US-Dollar gegenüber dem Euro profitieren.

Die US-Notenbank scheint sich mit steigenden Renditen relativ wohlzufühlen, solange dies auf ein starkes Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist und der bevorstehende Inflationsschub wirklich vorübergehend ist. Die Europäische Zentralbank scheint sich indes vor einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen für Banken und Unternehmen zu fürchten und hat kürzlich das Tempo ihrer Anleihekäufe erhöht, um den Renditeanstieg abzumildern. Zusätzliche fiskalische Anreize in den USA stehen im Gegensatz zu einer langsamen Umsetzung des EU-Aufbaufonds in Europa.

So ist die zu erwartende Entwicklung der US-Währung nicht zuletzt auch Ausdruck einer relativen Schwäche der Eurozone. Ein zentraler Grund dafür ist die in weiten Teilen bislang misslungene Impfkampagne, die die Erholung verzögert. Eine kleine Positivbotschaft bleibt zumindest für die deutschen Exporteure: Wenn der Euro gegenüber dem Dollar schwächer tendiert, wirkt sich dies positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen aus.

Robert Greil, Chefstratege A Quintet Private Bank


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